Ein Mensch für die Menschen

Zum Tod von Norbert Blüm

Gedanken von Ulrich Wittwer, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Berufsförderungswerke (ARGE BFW) von 1978 bis 2004, zum Tod von Norbert Blüm.

Er war ein großer Sozialpolitiker und wichtiger Unterstützer der Berufsförderungswerke. Am 23. April 2020 ist Norbert Blüm im Alter von 84 Jahren in Bonn gestorben. 16 Jahre (1982 bis 1998) war er als Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung tätig und damit länger als alle Minister in diesem Amt. Seine berufliche Heimat als gelernter Werkzeugmacher bei der Adam Opel AG in Rüsselsheim hat sein Handeln und seine Entscheidungen stark geprägt. Nicht zuletzt deshalb hat Norbert Blüm sich immer auch für die Schwachen und Benachteiligten eingesetzt und war ein großer Förderer der beruflichen Rehabilitation und der Berufsförderungswerke.

Von Anfang an habe ich seine tiefe Verbundenheit zu behinderten Menschen und zur Arbeit der Berufsförderungswerke gespürt. Unsere langjährige Zusammenarbeit war stets von großer Menschlichkeit geprägt. Das habe ich sehr an Norbert Blüm geschätzt. Beeindruckt hat den CDU-Politiker die Aufgabe der BFW: Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen für eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu qualifizieren und umfassend zu begleiten. Der Bundesminister a. D. konnte daher immer wieder als Festredner oder Teilnehmer an Podiumsdiskussionen für Veranstaltungen der Berufsförderungswerke gewonnen werden. Es war ihm dabei stets ein Anliegen, die Bedeutung dieser Einrichtungen zu würdigen und sich für ihre Weiterentwicklung einzusetzen. So hat Blüm bereits 1990 mit Nachdruck die Aufnahme von behinderten Menschen mit einer psychischen Behinderung gefordert.

Im Laufe der Jahre entstand eine große Nähe, die sich auch darin zeigte, dass Norbert Blüm nie versäumte, den Messestand der Berufsförderungswerke auf der RehaCare in Düsseldorf zu besuchen. Während seiner Amtszeit setzte sich der Sozialpolitiker dafür ein, dass die Berufsförderungswerke und Berufsbildungswerke – berufliche Reha-Einrichtungen für junge Menschen mit Behinderungen – im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) besonders erwähnt werden.

Sehr deutlich wurde die Verbundenheit mit den Berufsförderungswerken, als nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten auch in den neuen Bundesländern Rehabilitationseinrichtungen aufgebaut werden sollten. „Berufsförderungswerke müssen wie Leuchttürme den behinderten Menschen in den neuen Bundesländern Hoffnung und Sicherheit für eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt geben“, so hat er wiederholt die Bedeutung der Berufsförderungswerke gerade in der „Wendezeit“ unterstrichen. Es kam ihm darauf an, mit der Qualifizierung so früh wie möglich auch in Provisorien zu beginnen. Was auch geschah.

Diese Verbundenheit mit Rehabilitationseinrichtungen zeigte sich außerdem, als durch ein Abkommen mit der früheren Sowjetunion berufliche Reha-Einrichtungen in Lettland, der Ukraine und Russland geschaffen werden sollten. Besonders den Aufbau in Lettland hat Norbert Blüm unterstützt. Und er hat es sich nicht nehmen lassen, zur Einweihung nach Riga/Jurmala zu kommen.

Auch Spontanität und Unkompliziertheit zeichneten den langjährigen Sozialminister Blüm aus. So war es ein Alptraum für seine Redenschreiber, wenn er mal wieder vom Redemanuskript abwich und ganz aktuelle Dinge in den Mittelpunkt seiner Ansprache rückte. Als er zur Eröffnung des BFW Stralsund eine Rede halten wollte und der Hubschrauber wegen zu starkem Wind nicht in Bonn starten konnte, bat er spontan mich, seine Rede auf der Veranstaltung zu halten.

Norbert Blüm wird den Berufsförderungswerken und mir als großer Sozialpolitiker und wichtiger Förderer der Einrichtungen und Hilfen für behinderte Menschen, als einfühlsamer Mensch und sehr verlässlicher Politiker dankbar in Erinnerung bleiben.

Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen und allen, die um ihn trauern.

Schenefeld, den 28.04.2020

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